Integrierte regionale Betrachtung von Risiko- und Chancenräumen hinsichtlich der Hauptbaumarten

Nach der Betrachtung der baumartenspezifischen Risiken und Chancen fasst die folgende Matrix die Entwicklungstendenzen der klimatischen Eignung der Hauptbaumarten auf der regionalen Ebene in Rheinland-Pfalz zusammen. Diese Darstellung zielt auf eine integrierte Identifizierung von Risiko- und Chancenräumen je Hauptbaumart ab, ohne dass sie unmittelbar die originale Kartendarstellung mit einbezieht. Für 21 normativ gebildete Regionen wurde auf der simplifizierenden Grundlage der Ampelfarben eine Darstellung zur Entwicklung der klimatischen Nische, der klimatischen Eignung, der Derbholzproduktion und für die Buche auch hinsichtlich der Wasserverfügbarkeit bis zum Ende des Jahrhunderts sowie über die vier betrachteten Zeiträume je Baumart zusammenfassend entwickelt. Die Ampelfarben zielen auf eine rasche Tendenzerkennung ab, haben aber je nach Methode eine unterschiedliche Bewertungsbedeutung (vgl. Legende). Während die Auswertungen zur klimatischen Nische und zur klimatischen Eignung eine Darstellung des Potenzials aller Baumarten und aller Regionen erlauben, ist die Einschätzung der Derbholzproduktion nur für diejenigen Baumarten möglich, die in den jeweiligen Landschaften „repräsentativ“ sind. Darüber hinaus wurde eine Einschätzung der Waldstandortswasserverfügbarkeit in der vorliegenden Arbeit nur für die Buche vorgenommen. Die Darstellung der drei betrachteten Zeiträume – Referenz (1971-2000), nahe Zukunft (2021-2050) und ferne Zukunft (2071-2100) – bezieht sich auf die entsprechenden Klimadatensätze bzw. -projektionen, die bei jeder Methode benutzt wurden. Trotz der partiell unterschiedlichen Datensätze kann hier gezielt die Entwicklungstendenz für mögliche Klimakorridore in der „unsicheren“ fernen Zukunft gezeigt werden.

 
 

Legende:

 
 

Ref:  Referenzzeitraum – 1971-2000: Messdaten
N:     Nahe Zukunft – 2021-2050: Emissionsszenario A1B-normal
F1:    Ferne Zukunft 1 – 2071-2100: Emissionsszenario B1-feucht, A2-normal oder A1B-normal
F2:    Ferne Zukunft 2 – 2071-2100: Emissionsszenario A1B-trocken

 

Bei einer allgemeinen Betrachtung der oben dargestellten Matrix ist durch die Reihung der Höhenstufen (von montan zu planar), die eine Grundlage der normativen Definition der Regionen ist, ein Farbgradient, sprich ein Eignungsgradient, zu erkennen – von einer eher „grün-montanen“ zu einer eher „rötlich-planaren“ Färbung. Hierbei zeigen sich die großen Einflüsse der Geografie bzw. der Höhenlagen auf das Klima bzw. den Klimawandel und die heutige sowie weiterhin auch auf die künftige Eignung der Baumarten.

Im Allgemeinen können in den montanen Regionen mit einer Erhöhung von Wintertemperaturen und einer Verlängerung der Vegetationszeit Chancen für die Buche, die Eiche oder die Kiefer entstehen. Ebenso sind in der submontanen Region trotz der projizierten Eignungsabstufung und möglicher Rückschläge bei der Derbholzproduktion weiterhin relativ günstige Standortsbedingungen für die Fichte anzunehmen. Deutliche Risikosteigerungen sind aber der kollinen Stufe in Bezug auf die Fichte, aber auch für andere Baumarten zuzuweisen. Verluste bei der klimatischen Nische, Abstufungen bei der klimatischen Eignung bei heute konkurrenzstärkeren Baumarten können je nach weiter lokal differenzierten Standortsbedingungen zu einer Veränderung der ökologischen Verhältnisse beitragen, wodurch wiederum Arten wie Buche, Eiche oder Kiefer auch kleinräumig an Bedeutung gewinnen können. Auch in der planaren Stufe sind die Konkurrenzverhältnisse sowie die Resistenz gegenüber Trockenheitssituationen Faktoren, die die Produktions- bzw. Überlebensfähigkeit einer Baumart künftig entscheiden können, denn bezogen auf alle Baumarten ist in der planaren Stufe (vor allem Täler des Rheins und der Mosel) allgemein ein erhöhtes Risiko anzunehmen. Die Bedeutung der Bodeneigenschaften, nämlich vor allem die Wasserspeicherfähigkeit auf den klimatisch unvorteilhaften Standorten, wird somit umso wichtiger. Hierbei können ggf. günstige Böden ungünstige geringe Niederschlagsverhältnisse abpuffern, indem dennoch genug gespeichertes Bodenwasser für die Pflanzen zur Verfügung steht. 

Eine zusammenfassende Betrachtung weist bei den Hauptbaumarten Buche und Eiche auf eine weiterhin relativ solide Leistung in Rheinland-Pfalz hin. Die Höhenlagen können aufgrund von Temperaturerhöhungen künftig günstigere Standorte werden, während die Veränderungen bei der Wasserbilanz in Teilen der kollinen und planaren Stufe zu Leistungs- und Vitalitätsverlusten führen können. In solchen Gebieten, wo die Buche an ihre Trockengrenze stößt, können sich die Chancen für die trockenheitstolerantere Eiche erhöhen. Ebenso können die Temperaturerhöhungen in den Höhenlagen für bessere Leistungen der Kiefer sorgen, während dagegen negative sommerliche Wasserbilanzen in den Tieflagen vitalitäts- und wachstumslimitierend sein können. Dennoch schneidet die Kiefer bei der gesamten Betrachtung, relativ zu anderen Hauptbaumarten, am besten ab, was ihr zusammen mit ihrem Charakter als Pionierbaumart ein erhöhtes Potenzial zuweist. Ergebnisse für die Fichte weisen für Rheinland-Pfalz in Übereinstimmung mit anderen Regionen Deutschlands auf eine deutliche Abnahme ihrer Leistung und Vitalität hin. Abseits der hierbei nicht explizit berücksichtigten Standortswasserverfügbarkeit findet die Fichte nur in den Höhenlagen weiterhin günstige Wachstumsbedingungen vor. Die Douglasie schneidet in direktem Vergleich trotz ihrer ebenfalls allgemeinen Eignungsabnahme deutlich besser ab als die Fichte. In Folge ihrer relativ hohen Trockenheitstoleranz kann die Douglasie in der kollinen Stufe als Ersatzbaumart für die Fichte wahrgenommen werden. 

Die somit erarbeiteten Erkenntnisse sind, konform mit eingangs formulierten Zielen, Grundlagen für die weitergehende Waldbauplanung in den rheinland-pfälzischen Wäldern. Festzustellen ist, dass in bestimmten Regionen der Bedarf an einer aktiven Anpassung der Waldzusammensetzung oder der Produktionsziele zu erkennen ist. Die strategische regionale Planung kann somit fundiert mögliche Folgen des Klimawandels auf die Wälder (bezogen auf ihre Richtung und Größenordnung) berücksichtigen. Aus Sicht der Waldlandschaftsökologie unterstützen verschiedene Maßnahmen und Optionen eine aktive Waldanpassung an den Klimawandel, indem die Erhöhung der Resilienz der Wälder und somit eine Risikominimierung übergeordnete Ziele sind. Angesichts des hier schon diskutierten Unsicherheitscharakters des Klimawandels und dessen Folgen ist eine Umsetzung von No-Regret-Strategien zu begünstigen. Maßnahmen, die z.B. zum Erhalt der Arten- und Strukturvielfalt oder zur Minimierung von Bodenstörungen beitragen, sind auch unabhängig vom Klimawandel ökologisch und ökonomisch sinnvoll (Ogden & Innes 2009). Unter den im Abschnitt 7 ausführlich diskutierten Aspekten ist herauszuheben, dass sich mögliche Handlungsoptionen auf die strategische Planung und waldbauliche Vorgehensweise stützen sollten. Allgemein gültige Maßstäbe für die Gestaltung einer standorts- und klimagerechten Waldlandschaft sind:

i.    eine langfristig risikostreuende Waldbauplanung und 
ii.   die Prinzipen der naturnahen Waldbewirtschaftung.

Weitere Aussagen zur integrierten Baumarteneignung in Rheinland-Pfalz im Klimawandel und fundierte Schlussfolgerungen unter Modulbericht Wald ab Seite 220 bzw. 263.
Literaturangaben ab Seite 297. 

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