Genetik

In Spanien beispielsweise sind 212 Kultursorten bekannt [27], die einem nordiberischen (Asturien und Galizien) und einem iberischen Genpool (Kanarische Inseln und Andalusien) zugeordnet werden können [8]. Die Kultursorten zeigen eine hohe inter- und intraspezifische Variabilität, was sich in großen Unterschieden bei Trockenstresstoleranz und Wachstum widerspiegelt. Die Sorten aus dem nördlichen Genpool scheinen dabei widerstandsfähiger gegenüber Trockenstress zu sein [8]. In Portugal ist die genetische Variabilität in Hochwaldbeständen größer als in Niederwäldern und Fruchtplantagen [9]. Auch die Kastanienpopulationen im Tessin (Schweiz) weisen eine hohe genetische Diversität sowohl innerhalb als auch zwischen den Populationen auf [3]. Hybriden aus Castanea crenata x Castanea sativa haben einen geringeren Kältebedarf im Winter [37].

 

Waldbau

Als Folge des starken Befalls durch den Kastanienrindenkrebs wurden viele Hochwälder in weniger anfällige Niederwälder umgewandelt [5].
Bei der Fruchtproduktion im Hochwaldbetrieb werden die Bäume meist wie landwirtschaftliche Kulturen behandelt und es werden regelmäßig Propfungen, Astungs- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Bei Umtriebszeiten von über 100 Jahren und weit darüber hinaus beträgt die Bestandesdichte hier zwischen 25 und 150 Bäumen pro Hektar [5].

Mischung:
Castanea sativa
wächst gut im Reinbestand, aber auch in Mischung mit Kiefer (Pinus sylvestris) und Roteiche (Quercus rubra). Im Schwarzwald gibt es auch Bestände mit Tanne (Abies alba) und Douglasie (Pseudotsuga menziesii) [6].

Bestandesbegründung:
Die Edelkastanie verjüngt sich in der Regel problemlos durch Samen [5]. Bei der Auswahl von Saat- und Pflanzmaterial sollte die Herkunft beachtet werden, da Hybriden und frühaustreibende Provenienzen in Gegenden mit Spätfrostgefahr ungeeignet sind [33].
Die Aussaat kann im wärmeren Klima gleich nach der Ernte im Herbst, im kalten Klima besser im nächsten Frühjahr erfolgen [5].

Pflege:
Aufgrund der frühen Wachstumskulmination sollte früh und konsequent durchforstet werden, um einen guten Kronenausbau zu erreichen [18]. Starke und sehr regelmäßige Durchforstungen werden auch als Maßnahme genannt, um Ringschäle vorzubeugen, welche durch einen unregelmäßigen Jahrringaufbau gefördert wird [21][25][33]. Die ersten 25 Jahre scheinen für die Homogenisierung der Jahrringstruktur entscheidend zu sein [20].

 

Nutzung

Unter günstigen Klimabedingungen beträgt der Massenzuwachs im Niederwald 22 m3/ha [5].
Für Mittelbaden werden bis zu 15 m3/ha genannt, womit die Edelkastanie andere stockausschlagfähige Arten in ihrem Wachstum übertreffen dürfte [25].
In einem Esskastanienbestand kann mit einem Fruchtertrag von 0,7 bis 1 t pro Hektar und Jahr gerechnet werden. Unter günstigen Klimabedingungen sind bis zu 3 t möglich [5].
Aufgrund des schnellen Wachstums steigt das Interesse für die Nutzung zur Pellet- und Hackschnitzelherstellung [28]. Die hohe Wuchsleistung und frühe Wachstumskulmination nach sieben bis acht Jahren machen die Edelkastanie attraktiv für den Anbau in Kurzumtriebsplantagen [21].
Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbaumarten mit sehr früher Zuwachskulmination zeigt die Edelkastanie eine sehr gute Flächenproduktivität von Biomasse- oder Volumenleistung [18].
Aufgrund der guten Witterungsbeständigkeit eignen sich Stockausschläge mittleren Durchmessers als Stöcke und Stangen in Gärtnereien und Baumschulen sowie zum Rebbau [5][25]. Außerdem hat sich das Holz seit vielen Jahren z.B. für Holzrechen und Dreibeinböcke in der Lawinenverbauung bewährt.
Im Niederwaldbetrieb kann auf guten Standorten mit Umtriebszeiten von 20 Jahren Brennholz mittlerer Qualität erzeugt werden [5][32]. Der Brennwert entspricht in etwa dem von Eichenholz [36].
Durch den hohen Tanningehalt des Holzes von bis zu 13 % des Trockengewichts werden größere Mengen zur Gerbstoffgewinnung genutzt und anschließend zu Papier weiterverarbeitet [5]. Die Hochwaldbewirtschaftung ist in Süddeutschland mit Umtriebszeiten von 50 bis 70 Jahren möglich und aus ökonomischer Sicht vielversprechend [25].

 

Biodiversität

Die Edelkastanie weist besondere ökologisch relevante Eigenschaften auf, beispielsweise bietet sie ein Habitat für eine enorme Artenvielfalt. Mit zunehmendem Alter entwickeln sich die Kleinstrukturen in der Rinde der Edelkastanie zu einem Biotop für zahlreiche Insekten-, Pilz-, Moos- und Flechtenarten. Untersuchungen am Haardtrand zeigen u.a., dass bei der Edelkastanie doppelt so viel Flechtenarten vorkommen wie bei der Eiche [43]. Alte Edelkastanienstämme weisen, auch bedingt durch den Kastanienrindenkrebs, hohe Totholzanteile und damit einen hohen Wert für Höhlenbrüter und Höhlenbewohner auf [35].

 

Arealentwicklung

Als Konsequenz des Klimawandels wird es in Deutschland zukünftig möglich sein, die Edelkastanie auch außerhalb des aktuellen Weinbauklimas anzubauen [28].
Für Rheinland-Pfalz ist anzunehmen, dass das potentielle Areal der Edelkastanie in Zukunft größer wird. Unter der Annahme, dass das Wuchsoptimum bei einer mittleren Jahrestemperatur von 8 bis 12 bzw. 15 °C und einem Jahresniederschlag von 600 bzw. 900 mm oder mehr liegt, sind bis Ende des Jahrhunderts günstige Wachstumsbedingungen zu erwarten, insbesondere in den Mittelgebirgen [34].
Nach der Methode der Klimahüllen lassen sich mögliche Veränderungen des klimatisch geeigneten Areals von Baumarten darstellen. Hierbei ist immer zu bedenken, dass weitere, vielfältige klimatische, standörtliche, ökologische und biologische Parameter eine starke oder sogar limitierende Wirkung auf das Vorkommen der Baumarten haben (können) [41]. Die Darstellung der zweidimensionalen Häufigkeitsverteilung von Jahresdurchschnittstemperatur und Jahresniederschlagssumme (vgl. Abbildung 4) zeigt, relativ zum heutigen Klima, eine kleine Zunahme der klimatisch geeigneten Waldflächen Deutschlands am Ende des Jahrhunderts. Nach Klimaprojektionen des Regionalmodells Wettreg2006 und Emissionsszenarios B1 ist am Ende des Jahrhunderts ein Großteil der Waldfläche Deutschlands innerhalb der klimatischen Nische der Edelkastanie [42]. Die Übertragung der Klimahüllen auf die rheinland-pfälzische Waldfläche für die Klimaparameter-Kombinationen Jahresmitteltemperatur x Jahresmittelniederschlag (vgl. Abbildung 5 oben) und Jahresmitteltemperatur x Niederschlag in der Vegetationszeit (vgl. Abbildung 5 unten) zeigt, relativ zum heutigen Klima, eine leichte Zunahme der klimatisch geeigneten Waldfläche im Laufe des Jahrhunderts. Für das Ende des Jahrhunderts differenzieren sich die Projektionen beider Klimaprojektionen und beider Kombinationen aus Klimaparametern im Wesentlichen nicht. Nach den betrachteten Klimaparametern wären heute und künftig in ganz Rheinland-Pfalz geeignete Bedingungen für die Edelkastanie vorhanden. 

     

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