Wald und Forstwirtschaft in Rheinland-Pfalz

Die Wälder sind aufgrund ihrer langen Lebensdauer von Klimaveränderungen besonders betroffen. Gleichzeitig leisten unsere Wälder einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz, indem sie CO2 binden und speichern. Darüber hinaus gibt es vielfältige gesellschaftliche Ansprüche an den Wald, wie Erhalt der Biodiversität, Schutz vor Erosion, Wasserrückhalt, Sicherung einer guten Trinkwasserqualität und nicht zuletzt Erholungseignung. Die Vielzahl an Ökosystemdienstleistungen können nur vitale, intakte Wälder erfüllen. Umso wichtiger ist es, die negativen Auswirkungen des Klimawandels für die vielen unterschiedlichen Waldtypen im Land zu erkennen und zu bewerten und geeignete Anpassungsstrategien zu entwickeln. Rheinland-Pfalz ist mit einer Waldfläche von 830.000 ha (das sind etwa 42 % der Landesfläche) eines der waldreichsten Bundesländer, mit dem Pfälzerwald besitzt es zudem eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in Deutschland.

Baumarteneignung im Klimawandel

Die Erhaltung und Stärkung der Resilienz der Wälder ist oberstes Ziel von Landesforsten. Mit Resilienz verbinden wir die Fähigkeit, Funktionen und Leistungen nach Störungen aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen. Eng damit verknüpft ist größtmögliche biologische Vielfalt: Neben der Vielfalt an Waldtypen tragen die Baumartenvielfalt und die genetische Vielfalt dazu bei, dass Organismen sich anpassen können und Ökosysteme funktionsfähig bleiben. Mit den erwarteten klimatischen Entwicklungen sind unter anderem vielfältige Veränderungen der Böden, Mikroorganismen, Insekten, Begleitarten und natürlichen Gegenspieler verbunden. Daher muss die Anpassung an den Klimawandel auf die Stärkung des gesamten Ökosystems Wald abzielen. Insofern sind die Förderung anpassungsfähiger Baumarten und die künftige Baumartenzusammensetzung zwar bedeutsame Gestaltungsgrößen, aber nicht die einzigen bestimmenden Einflussfaktoren. Viel zu wenig wissen wir z. B. noch über genetische Anpassungspotenziale und über das komplexe, nicht ansatzweise verstandene Bodenleben und dessen Funktion für klimaresiliente Wälder bzw. das Anpassungsvermögen. Dennoch wollen wir hier unser Augenmerk auf Informationen zur Waldverjüngung und Baumarteneignung legen. Die große Herausforderung besteht darin, dass Baumarten sowohl mit den heutigen als auch den künftigen klimatischen Bedingungen zurechtkommen müssen.

Eignungsbewertung von Baumarten

Zur Abschätzung des klimatischen Risikos bzw. der Eignung von Baumarten existieren unterschiedliche methodische Ansätze. Für eine Vielzahl von standortheimischen, alteingeführten und auch möglichen ergänzenden (nicht-heimischen) Baumarten wurden für Rheinland-Pfalz Klimaeignungskarten auf der Grundlage eines erweiterten Klimahüllenansatzes erstellt. Diese lösen die bisher gültigen, im Rahmen des Projekts „KlimLandRP“ für die fünf Hauptbaumarten Buche, Eiche, Fichte, Kiefer und Douglasie in Rheinland-Pfalz erstellten Klimaeignungskarten ab (ergänzende Erläuterungen s. unten, Abschnitt „Stärken und Schwächen der Methoden“). Die dargestellten Klimaeignungskarten basieren ausschließlich auf klimatischen Parametern. Außerdem basiert die Eignung auf der langfristigen Veränderung klimatischer Parameter, während Extremjahre (einschließlich der möglichen Aufeinanderfolge solcher) in den verfügbaren regionalen Klimaprojektionen nicht abgebildet sind. Die Häufung und unmittelbare Folge von trocken-heißen Extremjahren wie 2018 bis 2020 könnte ab der zweiten Jahrhunderthälfte der Normalfall sein und die Klimaeignung der Baumarten entscheidend prägen. Daher sollte es Ziel sein, sowohl die Klimaprojektionen als auch die Wirkmodelle zur Eignungsabschätzung sensitiv weiterzuentwickeln.

Die Methode zur Erstellung der Klimaeignungskarten kann in der Präsentation oder in der FAWF-Mitteilung Nr. 89/22 „Artensteckbriefe ergänzender Baumarten Rheinland-Pfalz“ nachvollzogen werden. Die für das Ende unseres Jahrhunderts projizierte Eignung basiert auf der durch die aktuellen Messwerte gestützten Annahme, dass unser Klima wegen nicht ausreichendem Klimaschutz der derzeit denkbar negativsten Entwicklung folgt.

Standortbezogene Anwendungsunterstützung

Betont werden muss, dass die Eignungskarten nicht unmittelbar für lokalspezifische Anbauempfehlungen und Entscheidungen in einzelnen Waldorten verwendet werden können, da die räumliche Auflösung der verfügbaren Klimadaten nicht fein genug ist. Zudem sind lokale Standortverhältnisse, topografische Besonderheiten und lokalspezifische Anbauerfahrungen nicht berücksichtigt. Dennoch können die Klimaeignungskarten eine wertvolle Planungs- und Entscheidungsgrundlage sein, um die Anpassungsfähigkeit und Resilienz der rheinland-pfälzischen Wälder im Klimastress zu verbessern. Qualitativ können Hinweise aus der Literatur bei der Standortwahl unterstützend wirken. Für die so genannten „Ergänzenden Baumarten“ wurde dies je Baumart in Steckbriefen zusammengestellt.

Darüber hinaus steht mit dem „Klima-Standortwald“ von Landesforsten seit 2022 eine inzwischen nahezu flächendeckende digitale Entscheidungsgrundlage für den Wald in Rheinland-Pfalz zur Verfügung. In einzelnen Landesteilen muss die Standortkartierung noch komplettiert werden und es sind mit Hilfe von Expertenwissen Baumartenempfehlungen für klimawandelbedingt neue, bisher nicht existente Wärmestufen (z. B. im Oberrheingraben) zu ergänzen. Perspektivisch werden für jeden einzelnen Waldort Informationen zur natürlichen Waldgesellschaft und zu geeigneten Baumarten verfügbar sein – optional für heutige und mögliche künftige Klimabedingungen.

Als weitere Planungsgrundlage speziell für die Wiederbewaldung von Flächen gibt die landesspezifische „Grundsatzanweisung Waldverjüngung im Klimawandel“ (Landesforsten, 2020) wertvolle Hinweise. Diese sind für den Staatswald des Landes Rheinland-Pfalz verbindlich, für die anderen Waldbesitzarten kann die Anweisung als Orientierung dienen und im Rahmen der Beratung eingesetzt werden.

Eine klimawandelgerechte Waldbewirtschaftung schließt auch ein zeitgemäßes Wildmanagement mit ein. Es gilt einerseits, einen intakten Lebensraum für das Wild zu erhalten und andererseits Wildschäden über ein ausreichendes Jagdmanagement wirksam zu verringern, um die Ziele der Wiederbewaldung und des Waldumbaus bestmöglich zu unterstützen. Auf Initiative der Obersten Jagdbehörde ist nach einem umfangreichen Dialog- und Arbeitsprozess unter Einbindung aller im Bereich Forst und Jagd zuständigen Institutionen und Interessensverbände das Strategiepapier „Waldumbau, Wild und Jagd im Zeichen des Klimawandels“ entstanden. Es konkretisiert für die Bereiche Wild und Jagd die Grundsatzerklärung „Klimaschutz für den Wald – unser Wald für den Klimaschutz“, welche am 11. Juni 2019 von der Landesregierung und den Waldbesitzerverbänden abgefasst wurde.

Stärken und Schwächen der Methoden

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die oben genannten Klimaeignungskarten nach dem erweiterten Klimahüllen-Ansatz die in Rheinland-Pfalz im Projekt KlimLandRP (von 2008 bis 2011) für die fünf Hauptbaumarten (Buche, Eiche, Fichte, Kiefer und Douglasie) in Rheinland-Pfalz erstellten Eignungskarten ablösen. Diese bildeten auf der Basis eines eingeschränkten Korridors von inzwischen nicht mehr aktuellen regionalen Klimaprojektionen erste regionale Risikoeinschätzungen. Der gewählte methodische Ansatz hat zwar gegenüber einem eindimensionalen, simplifizierenden Klimahüllen-Ansatz durchaus seine Stärken, im Hinblick auf die Förderung der Klimaresilienz und Stärkung des Ökosystems Wald aber auch entscheidende Schwächen.

Die Aktualisierung der Eignungskarten nach der „KlimLandRP“-Methode mit neuen regionalen Klimaprojektionen wurde vor allem deshalb nicht weiterverfolgt, da die Eignung der Baumarten neben ihrem Vorkommen in unterschiedlichen landesweit vorkommenden Waldklimaten maßgeblich durch die Ertragsleistung bestimmt ist. Der Annahme folgend: Je häufiger die Hauptbaumart in einer Waldklimaklasse relativ zu den anderen Baumarten vorkommt und je besser ihre Wuchsleistung ist, umso besser ist ihre Eignungsstufe. Der starke Einfluss der Ertragsleistung für die künftige Baumarteneignung lässt sich angesichts der Klimakrise und des vorrangigen Ziels „Erhalt des Ökosystems Wald“ nicht länger begründen. Zwar können gut wachsende Bäume als vital gelten, umgekehrt müssen aber vitale, klimaresiliente Bäume nicht unbedingt einen hohen Biomassezuwachs haben, wofür langsam wachsende Eichenstockausschlagwälder auf flachgründigen Standorten ein gutes Beispiel bieten. An der vorstehenden Methode der alten Eignungskarten kann zudem kritisiert werden, dass häufigeres Vorkommen einer Baumart in einer Waldklimaklasse eine bessere Eignung bedeutet. Diese Annahme ist in unseren mehr oder weniger stark anthropogen beeinflussten Wäldern nur dann zutreffend, wenn die Wirtschaftenden die jeweiligen Baumarten auf den dafür passenden Standorten begünstigt haben, was naheliegend aber nicht zwingend ist. Weiterhin ist die Methode nur für Baumarten anwendbar, deren Wuchsleistung bekannt ist. Verlässliche empirische Daten auf der Grundlage von Waldinventuren liegen aber nur für Baumarten vor, die flächenmäßig ein Mindestvorkommen aufweisen. Für eine Vielzahl von potentiellen ergänzenden Baumarten aus dem mittelmeergeprägten Raum sind keine ausreichenden Informationen vorhanden. Die Bewertung auf Basis rein klimatischer Parameter ist jedoch für eine große Vielzahl an Baumarten anwendbar, sofern ihre natürlichen Verbreitungsgebiete bekannt sind.

Waldnaturschutz

Der Wald in Rheinland-Pfalz enthält eine Vielzahl an naturschutzfachlich wertvollen und geschützten Flächen, die sich durch eine besondere Arten- und Lebensraumvielfalt auszeichnen. Infolge des Klimawandels wird erwartet, dass viele Standorte Veränderungen erfahren. Lebensräume und Arten könnten in ihrer Zu­sammensetzung und Dynamik beeinflusst werden. Im Rahmen einer Studie wurden Grundlagen für Anpassungsoptionen im Klimawandel für Waldnaturschutzobjekte in Rheinland-Pfalz erarbeitet. Die Studie zielte darauf ab, Informationen über die mögliche Betroffenheit von naturschutzrelevanten Waldlebensräumen von Rheinland-Pfalz im Zuge des Klimawandels bereitzustellen. Auf Basis der Projektion der Klimaentwicklung bis zum Ende des Jahrhunderts und der daraus resultierenden Standortveränderung sollte evaluiert werden, welche Waldnaturschutzobjekte bzw. Waldlebensräume landesweit am stärksten vom Klimawandel betroffen sein können. Eine Abschätzung der Dynamik bzw. Vulnerabilität von waldspezifischen Naturschutzobjekten ist ein Beitrag zur Anpassung von Pflege-/Entwicklungszielen im Arten- und Biotopschutz. 

Handlungsoptionen

Im Rahmen zukunftsfähigen Waldmanagments sind die bisher schon in der Forstwirtschaft betrachteten Aspekte der Unsicherheit, des Risikos und der Flexibilität in die Waldplanungsstrategie verstärkt einzubeziehen. Da das Anbaurisiko unter dem erhöhten Unsicherheitsgrad der Klimaentwicklung schwieriger zu bewerten ist, ist es umso wichtiger, langfristig flexible Produktionsziele mit entsprechenden Handlungsoptionen zu haben.

Die Bedeutung der natürlichen Verjüngung nimmt im Klimawandel zu. Sie ist eine kostengünstige Variante der Bestandsverjüngung, die das Anpassungs- und Selektionspotenzial verbessert und als Vorratssicherung bei Schadensfällen dient.

Die regionale Betrachtung der Klimawandelfolgen ermöglicht keine unmittelbaren Aussagen zur lokalen Baumartenwahl. Da die Baumartenempfehlung immer standortspezifisch sein muss, ist die Einbeziehung der lokalen Kenntnisse und örtlichen Erfahrungen erforderlich. Die (zeit- und klima-)dynamische Komponente der Baumarteneignung muss an Bedeutung gewinnen.