Der Golfstrom

 

Beeinflusst der Klimawandel den Golfstrom?

Der „Golfstrom“ bzw. korrekt die „Golfstromzirkulation“ ist eines der stärksten Strömungssysteme der Weltmeere. Sie ist von elementarer Bedeutung für das Klima im gesamten Atlantik. Der Umwälzzirkulation verdanken wir das vergleichsweise milde Klima in Nord- und Westeuropa. Es sorgt zusammen mit ausreichenden Niederschlägen für eine grüne Landschaft mit hoher Artenvielfalt und stabil hohen Erträgen in der Land- und Forstwirtschaft (2).

Während die Zirkulation in den vergangenen 20 Jahren relativ stabil war und Schwankungen innerhalb der natürlichen Variabilität lagen, wird in Folge der Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts eine anthropogen beeinflusste Abschwächung erwartet. Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir im Folgenden zusammengestellt.

Die Zirkulation beginnt in den Tropen vor Westafrika, wo das Wasser durch hohe Sonneneinstrahlung stark erwärmt und anschließend vom Passatwind nach Norden transportiert wird. Nördlich der Bahamas vereinigen sich der Florida- und Antillenstrom zum eigentlichen „Golfstrom“, der sich später teilt und als Nordatlantikstrom Richtung Europa bis südlich vor Grönland bewegt. Auf dieser Route kühlt sich das salzreiche Wasser ab; ein Teil davon verdunstet und erhöht damit die Salzkonzentration weiter. Folglich wird das Meerwasser dichter und schwerer als das vorhandene Tiefenwasser, und sinkt ab. Das neu gebildete Tiefenwasser fließt schließlich als ´Kalter Tiefenstrom´ in den Südatlantik zurück, wo der Strom wieder in oberflächennahe Schichten gelangt. Der sogenannte thermohaline Antrieb ist umso ausgeprägter, je schwerer das Wasser ist (2).

 

Einfluss des Klimawandels

Der Klimawandel verlangsamt die Golfstromzirkulation. Er verdünnt das Wasser und beeinflusst dadurch die für Zirkulation essentielle Tiefenwasserbildung. Das Wasser wird wärmer und durch die schmelzenden Polkappen und erhöhten Niederschläge vermischt sich Süßwasser mit Meerwasser. Die Folgen für die Zirkulation sind evident: Der Salzgehalt verringert sich, das Oberflächenwasser wird leichter, und es bildet sich weniger Tiefenwasser. Die Golfstromzirkulation schwächt sich ab (6).

Aktuelle Modelle prognostizieren bis zum Ende des 21. Jahrhunderts einen Abfall der Strömung von 20 bis 30% (5), aber auch 50% sind möglich (2). Entscheidend wird sein, wie schnell und über welche Wege das Grönlandeis abschmilzt. Ein in der öffentlichen Diskussion befürchteter plötzlicher Stopp der Umwälzzirkulation und eine sofortige Abkühlung Europas ist ein unter Wissenschaftlern äußerst unrealistisches Szenario. Und selbst bei erwarteter deutlich schwächerer Golfstromzirkulation wird die sinkende Temperatur in Gegenden der Nordhalbkugel die globale Erderwärmung nur leicht abschwächen.

Dennoch birgt die als sicher geltende Abschwächung Risiken: Durch positive Rückkopplung könnte sich die Erderwärmung global verstärken, Niederschlagsmuster könnten sich langfristig ändern und der Anstieg des Meeresspiegels würde einen zusätzlichen Schub bekommen – insbesondere auch in unseren Breiten.

Seit den 1940er Jahren wird im Nordatlantik die Temperatur des Tiefenwassers gemessen, die auch als Maß für die Golfstromstärke dient. Da die Tiefenwasserbildung von den ständig wechselnden Wetterbedingungen beeinflusst wird, schwankt auch die Stärke des Golfstroms. Bis heute ist noch kein Langzeittrend erkennbar, der auf einen potenziellen anthropogenen Einfluss hindeuten würde. Doch für belastbare Aussagen sind die Messreihen nicht umfangreich genug. Das Messnetz wird zwar dichter und besser, für das Verständnis der Zirkulation und aussagefähige Entwicklungen werden aber aufwändige Messreihen und Modelle benötigt.

 

Mögliche Folgen durch eine verringerte Golfstromzirkulation

Die Veränderungen sind von erheblicher gesellschaftlicher Relevanz und beeinflussen das gesamte Leben in Nord- und Westeuropa. Die Abschwächung der Golfstromzirkulation hat Auswirkungen auf das Klima, den Meeresspiegel, den Kohlenstoffkreislauf und die marinen Ökosysteme. Vermehrte klimatische Extremereignisse, wie Veränderungen der Hurrikan-Aktivität im Atlantik, Regen in der Sahelzone oder der Indische Monsun sind möglich (2).

Der Klimawandel erhöht allgemein den Meeresspiegel. Dies geschieht vor allem durch die größere Ausdehnung von Wasser bei höherer Temperatur und dem Schmelzen von Gletschereis (1). Der Golfstrom wiederum führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels vom Nordatlantik in Richtung Äquator. Wird die Strömung beeinträchtigt, ist dieses Gefälle geringer (2).

Außerdem wird durch die geringere Umwälzung des Wassers weniger CO2 in die unteren Wasserschichten transportiert (2), und das wärmere Wasser kann generell weniger CO2 aufnehmen (3). Daher bleibt mehr CO2 in der Atmosphäre, der Treibhauseffekt wird verstärkt. Neben weniger CO2 gelangt auch weniger Sauerstoff in größere Tiefen, was sich auf dort lebende Organismen auswirkt. Auch werden durch die Meeresströmung viele Nährstoffe transportiert, die wichtig für das marine Ökosystem sind (4), das für viele Länder eine unverzichtbare Nahrungsquelle bildet.

 
Literatur